Cardiotraining, eigentlich Kardiovaskuläres Training, wird häufig als Synonym für Ausdauertraining genutzt. In vielen Köpfen hat sich die Aussage gefestigt, dass Ausdauertraining besser geeignet ist für eine Gewichtsreduktion als Krafttraining. Diese Aussage beruht auf der vermischung verschiedener Erkenntnisse, welche ich jetzt etwas versuche aufzudröseln.
Ausdauertraining mit einem Puls von 130 verbrennt am meisten Fett
Ja - und NEIN. Prozentual ist die Fettverbrennung im Körper bei ca einem Puls von 110-130 am höchsten, nämlich bei 60%. Das heißt, der Körper zieht 60% der Energie aus dem körpereigenen Fett. Schauen wir uns das in einem Rechenbeispiel an:
Bei moderatem Ausdauertraining mit „Fettverbrennungspuls“ wird die Energie zu 60% aus der Fett- und zu 40% aus der Glukoseverbrennung bereit gestellt. Der Energieumsatz beträgt ca. 8 kcal pro Minute (etwa 5 kcal kommen dabei aus der Fettverbrennung). Steigern wir jedoch den Puls, liegt der Energieumsatz deutlich höher – bei etwa 16 bis18 kcal/min. Die Energie wird zu 40% aus der Fett- und zu 60% aus der Glukoseverbrennung geschöpft. Dennoch werden 7 „Fettkalorien“ pro Minute verbaucht (statt 5 wie beim niedrigen Puls).
Somit ist klar: Auch wenn prozentual weniger Fett verbrannt wird, ist ein Training mit höherem Puls deutlich effektiver.
Kardiotraining ist erst nach 30 Minuten effektiv, vorher wird kein Fett verbrannt
Nein, der Körper verbrennt immer Fett. Nach etwa 30 Minuten der Belastung stellt sich die Energiebereitstelllung um, der Anteil der Fettverbrennung an der Gesamtverbrennung steigt an. Allerdings verändert sich dadurch nicht die Kalorienverbrennung pro Minute. Entscheidend für den Körper ist hier vor allem der "Nachbrenneffekt". Dieses Phänomen beschreibt die Verbrennung in Ruhe nach einer Belastung. Der Körper verbrennt je nach Höhe der Trainingsbelastung ca. 15% der verbrannten Kalorien beim Training noch mal danach. Diesen Effekt kann man effektiv ausnutzen durch zB eine Ausdauereinheit nach einem Krafttraining. Dieses hat dann direkt 2 Vorteile: Der Körper befindet sich bereits in der "Fettverbrennungsphase" durch das vorherige Training wodruch fokussiert Körperfett abgebaut werden kann. Zusätzlich wird durch die längere zeitliche Belastung die Gesamtkalorienverbrennung erhöht, was widerum den Nachbrenneffekt und damit die Anzahl nach Belastung verbrannter Kalorien erhöht.
Durch Krafttraining nimmt man zu, durch Ausdauertraining ab
Das Ausdauertraining durchaus geeignet ist Kalorien zu verbrennen haben wir bereits geklärt. Doch kann man auch durch Krafttraining abnehmen? klares JA, undzwar durch deine Muskeln:
Ein weit verbreiteter Mythos ist, das man durch Krafttraining sofort Muskeln aufbaut, diese schwer sind, man dadurch zunimmt und aussieht wie Hulk. Gerade viele Frauen haben Angst davor und lehnen die Trainingsfläche daher kategorisch ab. Grundsätzlich kann man sagen, es ist ein langer und schwieriger Prozess den Körper derart zu formen. Dies erfordert gezieltes Training, bestimmte Ernährung und jahrelange Arbeit. Es passiert nicht ausversehen!
Unsere Muskulatur kann jedoch viele Dinge, die wir uns gerade bei einer Gewichtsreduktion zu nutze machen können: Durch Krafttraining können wir unseren Körper und unser Bindegewebe straffen, Celullite reduzieren, Sehnen, Bänder und Knochen stärken, Gelenke, Wirbel und Organe schützen, Bandscheibenvorfälle und ähnliche Verletzungen verhindern oder therapieren und natürlich unseren Nachbrenneffekt steigern. Muskeln sind Kraftwerke, sie sind quasi der Brennofen unseres Körpers. Haben wir viel Muskulatur, verbrennen wir viel, auch in Ruhephasen. Dadurch verbraucht unsere Muskulatur extrem viel Energie im Alltag. Unser Körper versucht deshalb stets sie abzubauen, er nutzt die Muskelreserven als erstes bei fehlender Auslastung. Bereits nach ca 72 Std. Nichtbelastung bauen wir ab. Ab 25 Jahren beschleunigt sich dieser Effekt. Doch Muskulatur wird beim Ausdauertraining nur bedingt aufgebaut, sie braucht gezieltes Krafttraining um "zu wachsen".
Fazit: Gewichtsabnahme = Cardiotraining?
Ja, ABER: alleine im Hinblick auf die kardiovaskulären Anpassungen des Körpers durch Ausdauertraining (Blutdrucksenkung, Pulssenkung, Wachstum des Herzens, verbesserte Durchblutung, verbesserte Lungenkapazität etc.) ist es auf jeden Fall ratsam ein Ausdauertraining bei jedem Trainingsziel in den Plan mit einzubeziehen. Allerdings sollte man die Effekte des Krafttrainings nicht außeracht lassen, vor allem den deutlich erhöhten Kalorienverbrauch in Ruhe durch die Muskulatur. Daher würde ich persönlich gerade bei einer angestrebten Gewichtsabnahme den Fokus auf das Krafttraining legen und nur etwa 1/3 -1/4 der Trainingzeit für das Ausdauertraining nutzen.
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